In New Work

Die perfekte Working Out Loud Zielgruppe

Ich sitze mit den Dual-Studierenden in dem Meetingraum, wo wir Woche Drei unseres Working Out Loud Circles durchführen. Ein Drittel der Studierenden ist nicht gekommen, um gemeinsam ein Ziel im Rahmen ihrer Bachelorthesis zu bearbeiten. Wir hängen mit den Circle Anleitungen hinterher, wir haben noch nicht die Instruktionen von Woche Eins geschafft. Es fühlt sich zäh an. Wie ein alter Kaugummi. Das hatte ich in keinem anderen Circle zuvor erlebt. Ich spüre trotz der zu Beginn vereinbarten Freiwilligkeit des Circles, Wiederstände bei den Studierenden. Ich fordere zu einer offenen Diskussion auf und wir entscheiden gemeinsam, den Circle Anleitungen nicht mehr zu folgen und stattdessen eine Art kollegiale Fallberatung auf den Prinzipien von Working Out Loud basierend und im Rahmen der Bachelorthesis der Studierenden fortzusetzen.

Schnell Scheitern und schnell Lernen

Nach nur vier Wochen Working Out Loud für Dual-Studierende muss ich eingestehen, dass das Experiment nicht geglückt war.

Die Studierenden bissen nicht an. Ich hatte mein Bestes gegeben, aber ich konnte sie mit Working Out Loud nicht erreichen. Das brachte mich einmal mehr dazu, nachzudenken. Welche ist die perfekte Zielgruppe für Working Out Loud im Kontext eines sich digitalisierenden Großkonzerns? Welche Merkmale beschreiben sie und in welcher Situation befindet sie sich? Welche Bedingungen braucht diese Zielgruppe, damit sich Working Out Loud viral verbreitet?

Meine ursprüngliche Annahme ging davon aus, das gerade die jüngeren, social-mediaaffinen Digital Natives wie Studierende eine geeignete Zielgruppe sind, um Working Out Loud erfolgreich in einer Organisation zu verankern. Sie kennen die sozialen Netzwerke und sind daher bestimmt offen, wenn ich ihnen zeige, wie sie diese erfolgreich im Kontext ihrer Bachelorarbeit einsetzen können, so dachte ich. Die eigens für den Austausch des Studierenden Circles eingerichtete Gruppe im hauseigenen ESN blieb bisher jedoch unberührt.

Ähnliche Erkenntnisse aus dem Onboarding

Die Pilotierung  von Working Out Loud im Rahmen eines Onboarding Formats führte mich zu einer ähnlichen Situation. Auch hier konvertierte Working Out Loud nicht bedeutend. Die Conversionrate nach der Durchführung der Working Out Loud Lernerfahrung am ersten Arbeitstag der neuen Mitarbeitenden blieb gering. Das frustrierte mich. Ich überlegte woran dies liegen kann. Ich hatte den Eindruck, dass meine Bemühungen nicht im Verhältnis zum erzeugten Ergebnis standen. Ich wollte mehr erreichen. Working Out Loud sollte richtig zünden, die Teilnehmenden Feuer fangen. Ich suchte Rat. Meine Schwester pflichtete mir positiv bei. Es sei ok, die Working Out Loud Lernerfahrung für neue Mitarbeitende eher als Impulsgebung zu sehen statt an der Conversion festzuhalten. Aber mir reichte das nicht, dazu kostete es mich zu viel. Das Input -und Output-Verhältnis stimmte dabei für mich nicht.  Der generierte Mehrwert für meine Organisation war für mich nicht groß genug. Ich wollte nicht, dass meine Ressource einfach verbrennt. Eine andere Lösung musste her.

So verlor ich mich in Gedanken. Ich erinnerte mich an Situationen, in denen ich Working Out Loud erfolgreicher promoten konnte. Ich stellte fest, dass das Working Out Loud unter folgenden Prämissen viral ging:

Vier Prämissen für Working Out Loud

Erstens die Mitarbeitenden befinden sich in einer Art beruflicher Sackgasse und sind frustriert. Sie leiden unter ihrer aktuellen Situation und sind daher offen für Veränderung. Dies sind meist Menschen mit einem gewissen Grad an beruflicher Erfahrung. Ich fragte mich: Bedeutet das, dass Veränderung immer nur unter Leid und Schmerz entsteht? Ich hoffe nicht, aber zumindest erklärte dies, warum neue Mitarbeitende und Studierende, die tendenziell weniger berufliche Erfahrungen haben und geringere Frustrationen bisher erlebten, nicht so offen für Working Out Loud sind.

Zweitens stellte ich fest, dass die Circles sich verbreiteten, wenn immer mindestens Einer der Teilnehmenden bereits erfolgreich an einem Circle teilgenommen hatte. Dies erzeugte dann eine Dynamik im Circle, die Alle antrieb und mitzog. Es brauchte immer Einen, der richtig überzeugt war und alle Anderen damit ansteckte. Dies war dann meistens Derjenige, der den Circle moderierte.

Als dritte essentielle Prämisse mache ich die intrinsische Motivation bei den Teilnehmenden eines Working Out Loud Circles aus. So funktionieren die Ansätze und Methodiken von Working Out Loud nur, wenn die Teilnahme an dem 12-wöchigen Programm freiwllig und an ein Ziel geknüpft ist, das Einem wirklich persönlich wichtig ist.

Viertens. Was mir bisher außerdem nicht so gut gefiel war, dass ich Working Out Loud bislang im Rahmen von Formaten entlang herkömmlicher Zielgruppenraster ausgerichtet hatte. John Stepper betont jedoch bei seiner Idee von Working Out Loud, dass gerade die diversen Hintergründe der Teilnehmenden eines Circles für die Effizienz der Methode entscheidend sind. Sie sind geeint durch die gleichen Wünsche, die sie haben und Situationen, in denen sie sich befinden. Sie unterscheiden sich anhand von Hierarchielevel, Funktion, Division, Unternehmen und Aufgabenbereich.

Ich wollte die vertikalen Silos von Zielgruppen aufheben.

Das war mir noch nicht gut gelungen. Working Out Loud funktioniert unabhängig von einer starren hierarchisch organisierten Unternehmensform.

Meine Schlussfolgerung: Eine neue Idee

Sketchnote meiner neuen Idee eines Orientierungsformates

Unter diesen Voraussetzung ging Working Out Loud viral und die Circles liefen wie geschmiert. Keine Irritationen passierten oder erfolglose Motivationsreden waren notwendig. Man musste das Silbertablett nicht auspacken, es lief einfach. Alle waren voll im Flow.

Ich schlussfolgerte für mich: Die perfekte Zielgruppe für Working Out Loud ist beruflich erfahren und frustriert, intrinsisch motiviert auf der Suche nach Orientierung. Mit den gewonnen Erkenntnissen wollte ich nun unbedingt etwas Neues ausprobieren, um Working Out Loud erfolgreich in die Strukturen meiner Organisation zu installieren. Ich überlegte, wie ich diese Erfolgsfaktoren zusammenbringen kann. Dann plötzlich saß ich wieder mit den Studierenden in unserem Meetingraum und

es viel mir wie Schuppen von den Augen. Na klar – jetzt hatte ich es!

Die Idee Working Out Loud mit einem Orientierungsformat für Mitarbeitende in der Mitte Ihres Berufslebens zu kombinieren war geboren.

Wie ich mir das genau vorstelle, erfahrt ihr in meinem nächsten Blogbeitrag.

 

Janine

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Ein Brief von meinem zukünftigen Ich

Posted on 18. Mai 2019

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12 Comments

  1. Holger Moller
    6 Jahren ago

    Hallo Janine,
    danke für Deine Antwort. Ich stimme Dir voll zu, was die Fokussierung angeht. Natürlich macht es Sinn, sich auf diejenigen zu konzentrieren, die Deine Geschenke wertvoll finden. Ich finde Du hast eine ganz zentrale Frage aufgeworfen:
    ==> Welche Zielgruppen sind offen und bereit für Working Out Loud?
    Und die Antworten darauf haben ganz viel damit zu tun, inwieweit jemand bereits die Herausforderungen erkennen kann, die unweigerlich auf uns zu kommen.
    Habe in den letzten Tagen zwei Artikel dazu gelesen, die mich nachdenklich stimmen. Den Ersten über das Beharrungsvermögen der Deutschen:
    http://www.zeit.de/2018/15/soziologie-veraenderungen-deutsche-thomas-druyen-interview
    Und den Zweiten über die beruflichen Wünsche und Sehnsüchte der Generation, die jetzt oder demnächst die Hochschulen verlässt:
    http://www.unternehmensdemokraten.de/generation-angst-mit-ihr-haben-wir-nicht-gerechnet/
    Allzu viele Menschen versuchen leider noch, sich wegzuducken. Aber diejenigen, die die Augen öffnen werden zum Glück immer mehr.
    Liebe Grüße
    Holger

    Reply
    1. janine-kirchhof
      6 Jahren ago

      Hallo Holger, tolle Impulse! Vor allem der erste Artikel spricht mir als Soziologin aus der Seele. „Wir sind Reaktionsweltmeister“ – Warum?? Eine zentrale Frage meines bisherigen beruflichen Lebens. Das Interview Druyen gibt gute Erklärungsansätze, vielen Dank!

      Reply
  2. Andy
    6 Jahren ago

    Danke Janine für den Post. Unterm Strich zeigt sich, dass zum Jagen tragen nix bringt. Und für mich fühlt es sich auch so an, dass man erst einmal kennengelernt haben muss, wie der ganz normale Wahnsinn im Konzern ist, bevor man sich auf die Andersartigkeit von WOL einlassen kann. Die Studenten haben sich vielleicht freiwillig gemeldet, jedoch fehlt ihnen vielleicht an praktischer Erfahrung, woran sich durch WOL etwas verbessern soll.

    Und auch dann bringt es nur denen etwas, die sich verändern wollen, nicht denen die jemand verändern will.

    Ich habe zuvor schon 6-Sigma und Lean Production angewendet. Jeweils nicht weil die Not unerträglich gewesen wäre, aber weil ich Verbesserungsbedarf gesehen habe. Insofern würde ich in Prämisse 1 es nicht unbedingt auf die Sackgasse ankommen lassen, bzw. nur auf die setzen, die sich schon an deren Ende angekommen fühlen. Not ist zwar für viele der Auslöser für Veränderung, doch hat man den Kopf ohne Not freier, neue Wege zu denken.

    Als Messgrösse für den Erfolg würde ich eher das Feedback derer, die WOL angewendet haben verwenden, anstatt anonym erhobener Conversion raten. Denn als Mitarbeiter würde ich den Braten riechen und negativ interpretieren, wenn ich das Gefühl bekomme, dass ich als Erfüllungsgehilfe von irgendeinem Zielenehmer missbraucht werde.

    Reply
    1. janine-kirchhof
      6 Jahren ago

      Hallo Andy,
      vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar und die enthaltenen Impulse, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Ich möchte gern nochmal etwas zum Thema Conversionrate sagen. Ich finde es schade, wenn meine Aktivitäten so verstanden werden, dass ich Jemanden als „Erfüllungsgehilfen missbrauche“ für die Etablierung von WOL in einer Organisation. Ich erhebe daneben auch qualitative Daten durch Fragebögen und führe persönliche Feedbackgespräche, die sehr wertvoll sind. Daneben ist die Conversionrate für mich eine wichtige Messgröße, um den Input meiner Anstrengungen mit dem Output an Erfolgsgeschichten im Verhältnis zu messen. Da ich das Thema on top zu meinem Liniengeschäft leiste, ist es mir wichtig, dass meine zusätzlich und freiwillig investierte Energie sinnvoll eingesetzt ist. Das empfinde ich dann so, wenn ich mit WOL Kollegen und Kolleginnen im Sinne eines Aha-Erlebnisses erreichen kann. Dies dient lediglich meinem inneren Bedürfnis, einen wirklichen Mehrwert für meine Organisation leisten zu wollen. Ich bekomme dafür keine Lorbeeren, ganz im Gegenteil. Ich möchte auch Niemanden ändern, sondern helfen im Kontext der Digitalisierung wettbewerbsfähig zu bleiben. Für mich ist WOL eine wichtige Voraussetzung hierfür. Das war ein sehr hilfreicher Kommentar, danke Andy! Janine

      Reply
  3. Dagmar Dörner
    6 Jahren ago

    Hallo Janine,

    danke für diese ehrlichen Einblicke! Toll auch mal zu hören, was NICHT funktioniert hat.
    Ich hab mich auch gefragt, was die Conversion in deinem Beispiel ist? Meinst du die Teilnahmequote beim jeweils nächsten Circle? Oder hältst du individuelle Zielerreichungsgrade fest?

    Beste Grüße
    Dagmar

    Reply
    1. janine-kirchhof
      6 Jahren ago

      Hallo Dagmar,
      die Conversionrate ist der prozentuale Anteil der Circles, die nach einer meiner WOL Lernerfahrung das 12-Wochenprogramm beginnen.

      Liebe Grüße,
      Janine

      Reply
  4. Jenny Linhart
    6 Jahren ago

    Hi Janine,
    sehr spannend, vielen Dank! Mich würde interessieren, wie Du die Erfolge von WOL misst und was Du mit der Conversionrate meinst. Klassisch, was Social Media Manager unter Conversionrate verstehen? Oder etwas anderes?
    Alles Liebe
    Jenny

    Reply
    1. janine-kirchhof
      6 Jahren ago

      Hallo Jenny,
      die Conversionrate ist der prozentuale Anteil der Circles, die nach einer meiner WOL Lernerfahrung das 12-Wochenprogramm beginnen. Ist das das Gleiche, was Social Media Manager darunter verstehen würden?

      Liebe Grüße,
      Janine

      Reply
  5. Dagmar Dörner
    6 Jahren ago

    Hi Janine,
    der Artikel gefällt mir supergut, weil er deine Lernerfahrung aus den Dingen, die mal nicht funktioniert haben, beschreibt!

    Auf dem Schlauch stehe ich bei der conversionrate am ersten Arbeitstag. Was meinst du damit? Was ist die conversion in diesem Fall? Die individuelle Zielerreichung? Die Anmeldequote beim nächsten Circle?

    Schöne Grüße aus Wuppertal
    Dagmar

    Reply
  6. Die perfekte Working Out Loud Zielgruppe – Working Out Loud Resources
    6 Jahren ago

    […] Mär. 2018 – Blog Janine Kirchhof […]

    Reply
  7. Holger Moller
    6 Jahren ago

    Hallo Janine,

    spannend Deine Erfahrung und wie Du den „Misserfolg“ analysierst. Ich finde Deine Einschätzungen schlüssig.

    Zum Thema Motivation möchte ich gerne zwei Gedanken mit Dir teilen:

    1. Meiner Überzeugung nach bedarf es tatsächlich eines gewissen Schmerzpunktes, damit Menschen offen sind für Veränderungen und Lernen.
    Manche brauchen mehr Leidensdruck andere weniger. Wenn ich kein Problem habe (oder keines erkenne) brauche ich keine Lösung. Und ich möchte auch keine, weil sie mich dann nur stört. Wenn ich aber eine Herausforderung habe, halte ich Ausschau nach Lösungsansätzen. Ich bin offener, und wenn ich dann von Working Out Loud erfahre und denke „Ah, das könnte mir weiterhelfen.“, dann ist Motivation da, mich weiter damit zu beschäftigen.

    2. Working Out Loud selbst ist ein Geschenk, ein Angebot.
    So wie wir beim Netzwerken darauf achten, unsere Beiträge für andere als Geschenk anzubieten und uns von Erwartungen über die Reaktion freizumachen, so ist es auch hilfreich, die Möglichkeit WOL zu lernen ohne Erwartungen als Geschenk anzubieten. – Gleichwohl macht es natürlich Sinn – so wie Du es tust – zielgerichtet die Frage zu stellen: Für wen könnte WOL ein nützliches Geschenk sein? Wer könnte an WOL besonders interessiert sein?

    Ich bin schon gespannt auf Deinen nächsten Artikel.

    Mit herzlichen Grüßen

    Holger

    Reply
    1. janine-kirchhof
      6 Jahren ago

      Hallo Holger,
      vielen Dank für dein motivierendes Feedback! Ich sehe das ganz genauso. Zu 1: Ich denke das Problem ist grundsätzlich bereits für alle da, aber es sehen noch längst nicht alle. Die Digitalisierung sollte uns alle schmerzen. Mich zumindest beschäftigt sie sehr. Zu 2: Da ich nicht unendlich viel Geschenkpapier habe, möchte ich meine Geschenke sinnvoll verteilen. Deshalb suche ich nach Menschen in meiner Organisation, für die meine Geschenke besonders wertvoll sind. 😀 Ich freue mich auf den weiteren Austausch mit dir! Liebe Grüße Janine

      Reply

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